Viel Spaß noch
Posted by kreuzschnabel on 6 July 2020 in German (Deutsch). Last updated on 8 July 2020.Leider musste ich in letzter Zeit wiederholt die Erfahrung machen, dass einzelne Objekte oder ganze Gegenden, die ich mit viel Mühe nach (GPS-korrigiertem) Luftbild und Ortskenntnis präzise gemappt habe, von anderen Mappern wieder „vergröbert“ werden.
Da werden zum Beispiel sauber ausgerundete Kurven wieder eckig gemacht oder S-Kurven in Wegen, die tatsächlich vorhanden sind (ich war vor Ort und hab’s gesehen), einfach begradigt, und auf meine Nachfrage im CS heißt es mit etwas höhnischem Unterton, so genau könne mein GPS ja gar nicht sein, dass ich den Verlauf so exakt erfassen kann. (Doch, kann es. Und was speziell diesen Kollegen angeht, so stoße ich häufig auf von ihm gemappte Wege im Wald, wo nur Dickicht ist und auch vor zehn Jahren mit Sicherheit nur Dickicht war. Diesbezügliche Nachfragen bleiben unbeantwortet.)
Nun wurden vor zwei Wochen in meinem Wohnort massenhaft straßenbegleitende Flächenränder, die ich sauber bis zum Straßenrand und parallel zum Straßen-Way gemappt hatte, vergröbert bis zur Straßenmitte gezogen. Das ist mir aufgefallen, als ich mich daran machte, die Straßen hier als area:highway=* zu erfassen. Wäre eine leichte Übung entlang der schon sauber gemappten Ränder gewesen, aber jetzt lasse ich das Projekt halbfertig liegen, weil ich wirklich null Lust habe, die ganze Arbeit an den Rändern nochmal zu machen. Schade. Ich war ein wenig stolz darauf, dass hier fast alles präzise detailgemappt war. Auf meine Frage im CS kam bislang keine Antwort.
Über die Gründe kann ich nur spekulieren, da ich auf meine Nachfragen selten Antworten bekomme. Im ersten Fall wurde offenbar eine solche Präzision für weder technisch möglich noch überhaupt erforderlich gehalten. Im zweiten bestand das Ziel wohl darin, die weißen Lücken neben dem gerenderten Straßenway in höchsten Zoomleveln zu vermeiden, und das quick’n’dirty.
Die betreffenden Kollegen sind zum Teil wesentlich länger als ich dabei, so dass ich mich damit schwertue, sie überhaupt auf so was anzusprechen. Wenn das Projekt so ist, dann ist es halt so und dann bin ich derjenige, der nicht so recht reinpasst.
Als Kommunikator bin ich zu schlecht – mindestens drei Kollegen habe ich durch offenbar zu plump formulierte inhaltliche Kritik schon ernsthaft und teilweise endgültig angepisst, und mehr solchen Schaden im Projekt will ich nicht anrichten.
Nun sieht es außerdem so aus, dass ich als Mapper zu gut bin. Das präzise Mapping, das ich liebe, wird von zu vielen offenbar nicht verstanden und/oder für unnötig oder gar schädlich gehalten. Und ich habe keine Lust dazu, meine Arbeit, für die ich viele Stunden abends am JOSM gesessen habe, jetzt auch noch ständig verteidigen oder qualitative Verschlechterungen reverten zu müssen, womit ich ja auch wieder andere anpisse.
Damit verabschiedet sich Kreuzschnabel ein wenig gefrustet aus der aktiven Arbeit an OSM. Ich habe das Gefühl, mit meiner pragmatisch-perfektionistischen und sicher manchmal etwas kurz angebundenen Art nicht mehr so richtig in die Community reinzupassen. Und bezüglich der Daten scheint es nicht (mehr?) Konsens zu sein, dass man das Mapping von Kollegen, die sich mehr Mühe geben als man selbst es tut (und das entscheidet jeder für sich), respektiert und stehen lässt, wenn es nichts dran eindeutig zu verbessern gibt. Ein Goldstandard, der auch in grundsätzlichen Stilfragen Klarheit schafft, könnte hier helfen und viele fruchtlose Diskussionen und vieles Gegeneinander-Arbeiten von vornherein vermeiden, aber den sehe ich in OSM nur ganz fern über den Horizont schimmern. Das Wiki wird leider immer unbrauchbarer, je mehr dort Leute undiskutiert ihre persönlichen Vorlieben zur Vorschrift adeln :(
Ich danke allen für die gute Zusammenarbeit in den fünf Jahren. Mir hat es viel Spaß gemacht, allerdings wird bei der derzeitigen Halbwertszeit von meinen Beiträgen in ein paar Jahren nicht mehr viel zu sehen sein.
–ks