OpenStreetMap

Liebe deutsche Polen-Tagger,

mir ist jetzt schon mehrfach sehr unangenehm aufgefallen, daß westpolnische Straßen und Orte mit 3. Reichsnamen als "name:de" getaggt werden. Bei einer Fahrt durch Pila (ehem. Schneidemühl) ist mir richtig die Spucke weggeblieben als ich auf meinem Garmin eine Hitler-Straße angezeigt bekam.
Kinders, das geht so nicht! Keine der Straßen heißt heute mehr so, geschweige denn, daß sich die Polen auch nur annähernd damit anfreunden würden, daß auch noch gerade (wir) Deutsche uns anmaßen darauf zu bestehen, diese Bezeichnungen zu verwenden.
Das sind allerhöchstens alte bzw. historische Bezeichnungen, die als "old_name" oder, wie ich finde, mit "historic_name" bezeichnet werden sollten.
Wenn man sich mal auf die Reise durch unser wirklich landschaftlich schönes Nachbarland macht, dann wird man sehr schnell erkennen, daß alte ehem. deutsche Orts- und Straßenbezeichnungen allerhöchstens auf historischen Tafeln und Denkmählern zu finden sind, die die russische Besatzungszeit überstanden haben. Keiner wird sich mit diesen alten deutschen Orts- und Straßennamen in Polen zurechtfinden.
Darüber hinaus empfinde ich selbst es als derart anmaßend einem Nachbarland, mit dem wir in der EU erfolgreich und friedlich zusammen leben, so etwas an zu tun.

Discussion

Comment from !i! on 6 January 2010 at 14:48

Ah interessanter Aspekt *grübel*

Nur würde ich den Mappern wie immer nicht böse Absicht unterstellen, sondern eher dass sie ebend versucht haben nützliche Zusatzinformationen unterzubringen.

Aber ohne Frage ein heißes Eisen....

Comment from ALE! on 6 January 2010 at 15:14

Es kommt wie immer sehr darauf an. Eine Hitler-Straße oder Gotenhafen für Gdynia geht natürlich nicht. Die Namen Breslau, Krakau oder Danzig hingegen sehr wohl. Wir sollten uns da ein bisschen an der Wikipedia orientieren und je nach dem entscheiden, ob man die Orte / Straßen mit name:DE oder old_name taggen. Grüße!

Comment from aeonesa on 6 January 2010 at 15:52

Was ist so schwer daran die Städte als Wroclaw,Krakow und Gdansk zu taggen. Die Städte heißen nun schon 65 Jahre so und haben in der Geschichte teilweise auch schon mal so geheißen. Als Historic_name ist nichts dagegen zu sagen.

Comment from 42429 on 6 January 2010 at 20:41

Es gibt viele mehrsprachige Regionen dieser Erde, wo verschiedene Ortsnamen verwendet werden. Für den Name-Tag wird immer die offizielle Landessprache (Mehrheitssprache) verwendet, was von den Minderheiten in vielen Fällen als Bevormundung empfohlen wird. Um diese oft als ungerecht empfundene Bevorzugung der Mehrheitssprache zu überwinden, wurde das Projekt "Multilingual names" eingeführt: Jeder Kartenbenutzer soll die Möglichkeit erhalten, eine Weltkarte in seiner (!) Muttersprache (!) erstellen können.

Dort, wo es unterschiedliche Ortsnamen in unterschiedlichen Sprachen gibt, sollen diese unterschiedliche Ortsnamen auch in die Karte eingetragen werden.
Aus historischen Gründen gibt es in den früher ostdeutschen und heute westpolnischen Gebieten flächendeckend zwei unterschiedliche Ortsnamen - einen deutschen und einen polnischen, manchmal gibt es auch litauische, kaschubische oder tschechische Ortsnamen. Die deutschen Ortsnamen (Allenstein, Breslau, Danzig, Schneidemühl, Stettin) werden von der deutschen Minderheit in Polen auch heute noch verwendet und es wäre unhöflich, den Angehörigen der deutschen Minderheit nach DDR-Manier vorzuschreiben, welche deutschen Ortsnamen sie benutzen dürfen.

Openstreetmap ist nicht nur als Navigationssoftware gedacht, sondern soll auch als Datengrundlage für individuelle Karten verwendet werden. Wer den polnischen Ortsnamen verwenden möchte, der kann auf name=* zurückgreifen, wer den deutschen Ortsnamen für historische Karten verwenden möchte, kann auf name:de=* zurückgreifen.

Die Tags historic_name bzw. old_name sind nicht geeignet, weil sie sich nicht automatisch von der Datenbank bzw. vom Renderer auswerten und einer Periode bzw. einer Sprache zuordnen lassen. Derzeit gibt es auch keine Möglichkeit, durch eine Abfrage bestimmte Jahre als Datengrundlage des Ortsnamens auszuwählen.

Dass die Umbenennungen der NS-Zeit in Deutschland und in Polen kritisch gesehen werden, ist wohl fast jedem bewusst. Es gibt jedoch keinen Grund, die deutschen Ortsnamen, insbesondere die Ortsnamen der Weimarer Republik, einer politisch-korrekten Sonderbehandlung zu unterwerfen.

Die benutzerspezifische Kartendarstellung in jeder vom Benutzer gewünschten Sprache (!) gehört zu den Alleinstellungsmerkmalen von Openstreetmap und es wäre schade, wenn dieses höchst innovative konfliktüberwindende, weil mehrsprachige Alleinstellungsmerkmal aus politischen Gründen plattgemacht wird.

Comment from giggls on 6 January 2010 at 23:02

@aeonesa: Dagegen ist zu sagen dass die Städte auf deutsch einfach nicht so heißen. Oder würdest Du auch Lisboa statt Lissabonn bevorzugen?

Wir haben hier im Westen (in Elsass/Lothringen) ein ähnliches Problem. Nanzig für Nancy habe ich sogar selber rausgeworfen. Bei Mühlhausen und Straßburg hingegen finde ich name:de absolut in Ordnung. Wie ALE! bereits geschrieben hat. Es kommt halt drauf an.

Vielleicht schaust Du auch mal ins Archiv der Mailingliste das wurde im Zusammenhang mit dem deutschen Rendering auf dem Wikimedia Toolserver bereits diskutiert.

Comment from Yabba on 6 January 2010 at 23:02

@FK270673: Du gehts zwar nur auf die Ortsbezeichnungen ein, die nicht das eigentliche Problem sind. Die Straßennamen sind der Kernpunkt meines Anliegens. Sorry, aber Deinem Vergleich mit der "DDR-Manier" kann ich so in keinem Fall zustimmen. Ich habe nicht die Absicht etwas vorschrieben zu wollen, sondern ganz im Gegenteil endlich mal die Namen derjenigen zu verwenden, die jetzt dort leben und die aktuellen Namen gewählt haben.
Du taggst ja auch nicht die Karl-Marx-Stadt, oder? ;)
Allen Respekt Minderheiten gegenüber, aber Deine Position kann man hier nicht anwenden. Bei den Ortsnamen ist es vom Prinzip her ja auch nicht das hauptsächliche Problem.
Aber, auf das gehts Du nicht ein, die Straßennamen werden definitiv auch von der Minderheitenbevölkerung nicht mehr in der 3.Reich-Form verwendet. Du wirst auch in Deutschland keinen Göbbels- oder Hitlerplatz etc. mehr finden, obwohl es die zu Hauf gab. Der Vergleich mit Ebenso werden alte Straßennamen nicht als Multinationale Straßennamen verwendet. Hier kann man den einzigen Mehrwert in der Form "ach, das hieß ja mal so" ziehen. Das hat _nichts_ mit Mehrsprachigkeit zu tun, wenn historisch alte nunmehr nicht mehr verwendete Namen als "name:lang" getaggt werden. Straßennamen werden gerne öfter geändert, da kannst Du nicht beharren, daß eine Minderheit den alten Namen weiterverwenden würde. Dafür ist historic_name oder old_name das passende Tagging.

Comment from Yabba on 6 January 2010 at 23:05

@gigis: Ja, bei den Ortsnamen ist es ja auch unkritisch, wie ich eben schon geschrieben habe. Unschön, wenn man die Daten, von z.B. von den Worldfiles für Garmin verwendet (die nutzen name:de) und sich im Ausland orientieren möchte.

Comment from 42429 on 7 January 2010 at 00:28

Berliner Straße, Bromberger Straße, Drosselweg, Jastrower Allee, Kasernenstraße, Krojanker Straße, Parkstraße, Ringstraße, Schönlanker Straße - das sind doch wohl keine historisch belasteten Straßennamen?

Die offiziellen Straßennamen werden bei Openstreetmap mit name=* ohne Sprachkürzel gekennzeichnet. Warum nutzt Garmin bzw. der Kartenhersteller, der die Garmin-Karten produziert, nicht die offizielle Schreibweise in Landessprache, sondern ausgerechnet die deutschsprachige Schreibweise? Wäre es nicht die Aufgabe des Kartenherstellers, hier im Zweifelsfall die offizielle Landessprache zu verwenden?

Langfristig soll der OSM-Benutzer die Möglichkeit bekommen, je nach Wunsch zwischen verschiedenen Sprachversionen hin- und herzuwechseln. Bislang existieren lediglich ein paar mehrsprachige Testkarten, die schon mehrere Monate alt sind und sehr selten aktualisiert werden. Hier findet man eine deutschsprachige Karte:

http://cassini.toolserver.org/tile-browse/browse-de.html?zoom=13&lat=53.15303&lon=16.73065&layers=B

Dieser mehrsprachige Renderer, der leider noch unendlich langsam ist, verwendet die Straßennamen, die unter name:de (bzw. name:xx) abgespeichert sind. Wenn die Straßennamen mit einem anderen Tag (z.B. old_name oder historic_name) versehen werden, dann funktioniert dieser mehrsprachige Renderer leider nicht mehr.

Langfristig soll Openstreetmap den Benutzer schon beim Reinzoomen fragen, welche Sprache er gerne verwenden möchte. Dann wäre der Streit, welche Straßennamen eingetragen werden, vollkommen überflüssig.

Comment from Yabba on 7 January 2010 at 11:13

@FK270673: Kurze Antwort: Die Straßen heißen schlicht einfach nicht mehr so, auch nicht in anderen Sprachen.

Die Hamburger Willy-Brandt-Straße wird auch nicht mehr als Ost-West-Straße "name:de" getaggt. Und wenn die von Dir genannte mehrsprachige Karte kein Fallback auf die default-Namen hat, dann ist es eh eine schlechte Herangehensweise. Denn warum sollte man - gerade bei Straßen - sich Namen für jede Sprache einfallen lassen, um da unbedingt etwas stehen zu haben. Für viele Sprachen ist es ja auch gar nicht gewünscht/gedacht, sich fiktive Übersetzungen einfallen zu lassen. Ich stelle mir nur schwer vor, wie ich den Hamburger Jungfernstieg oder Gänsemarkt in englisch, französch, spanisch, italienisch, chinesisch etc. übersetzen/schreiben sollte. Das wäre ja eine echte Lachnummer. ;)

Comment from Pieren on 7 January 2010 at 16:58

Es gibt ein gross Unterschied zwischen Orte und Strassen. Im Elsass, wir haben kein Problemen mit name:de=Mühlhausen aber es wäre Total anderes mit die Strassen Namen. Es ist wie im Paris. "Place Pigalle" heiss "Place Pigalle" im alle Sprachen. "Moulin Rouge" auch ;-)

Comment from Yabba on 7 January 2010 at 21:38

Ja, das meine ich doch. :)

Comment from Marc Schütz on 9 January 2010 at 17:31

@FK270673 (erster Kommentar): Das Problem hierbei ist aber, dass zumindest die kleineren Dörfer einfach keine deutschen Namen mehr haben. Wenn man jemanden fragt, wo es nach Preilsdorf geht, werden vielleicht nicht mal ortsansässige wissen, dass es sich um Przyłęgów handelt. In so einem Fall würde ich argumentieren, dass der Ort heute faktisch keinen deutschen Namen hat. Deswegen würde ich das als name=Przyłęgów, old_name=Preilsdorf taggen (für die Angabe der Sprache von *name gibt es ja leider noch keine allgemein akzeptierte Verfahrensweise, oder?).

Bei bekannten Städten wie Breslau schaut die Sache natürlich anders aus; da kennen wahrscheinlich viele nichtmal den polnischen Namen, also: name=Wrocław, name:de=Breslau.

Ein gutes Entscheidungskriterien ist meiner Meinung nach, in welcher Form der Name in einem heutigen deutschen Weltatlas erscheinen würde. Diese verwenden für größere Städte deutsche Namen, und für alles andere polnische.

Interessant ist auch die Situation von Ortschaften im Ausland mit einem größeren deutschsprachigen Bevölkerungsanteil. Für diese wird wohl in der lokalen Gemeinschaft der deutsche Name verwendet, während er in Deutschland unbekannt ist. Vielleicht helfen da Sprach- oder Regions-Subtags nach RFC4646? Z.B. name=Sosnowiec, name:de-PL=Sosnowitz

@Yabba: Volle Zustimmung, auf keinen Fall sollte man Übersetzungen erfinden. Man muss sich einfach damit abgeben, dass die meisten Orte dieser Welt keine deutschen/ungarischen/sonstwas Namen haben.

Comment from 42429 on 10 January 2010 at 00:25

Mehrsprachige Ortsnamen sind durchaus üblich, beispielsweise Roter Platz, Weißes Haus oder Platz des Himmlischen Friedens.

Es geht hier nicht um erfundene Straßennamen, sondern um Straßennamen, die durch Dokumente belegt sind. Dort, wo es keine deutschen Ortsnamen gibt, beispielsweise in Spanien, wird ohnehin der landesübliche Name verwendet. Diese fallback-Funktion gibt es bereits und sie kann in den Einstellungen für mkgmap jederzeit aktiviert werden.

Beim Programm mkgmap hat der Kartenhersteller die Möglichkeit, die Reihenfolge der Sprachen auszuwählen. Wenn der Kartenhersteller --name-tag-list=name:de;name eintippt, dann wird zuerst der deutschsprachige Name verwendet, egal wie nützlich oder verbreitet dieser Name heute noch ist. Wenn der Kartenersteller --name-tag-list=name;name:de eintippt, dann wird zuerst der landesübliche Name verwendet. Mit --name-tag-list=name:en;name kann man beispielsweise eine Karte ohne asiatische Zeichen erstellen.

Wenn der Kartenersteller, der Garmin-Karten produziert, diese feinen Unterscheide nicht kennt, dann ist das sein Problem! Das ist jedoch kein Grund, um hier in den Daten herumzueditieren, damit auch der dümmste mkgmap-Anwender, der ohne Kenntnis der Sachlage falsche Parameter eingegeben hat, versehentlich das richtige Ergebnis herausbekommt.

Wenn jetzt alle Daten großflächig in old_name verändert werden (es gibt ja auch alte deutsche, alte polnische und altprussische Namen), dann haben wir in wenigen Monaten oder Jahren das Problem, diese Daten wieder (manuell?) in ein maschinenlesbares Format zurückzuverwandeln, ganz zu schweigen von dem Problem, hunderte von Benutzern über den plötzlichen Strategiewandel zu belehren und überwachen. Da ist es doch einfacher, wenn man die mkgmap-Anwender mal auf die Bedienungsanleitung hinweist und sie auffordert, die Option --name-tag-list=name:de;name wegen ihrer manchmal unerwünschten Nebenwirkungen sparsam einzusetzen.

Comment from deejay1 on 15 January 2010 at 15:13

(sorry for writing in English, but I wouldn't dare to write German, even though I can read it easily)
We're working on this issue, but first have to think of a proper tag name, which would include a date in it as a street can have multiple names over time...

Comment from decomposed06 on 5 February 2010 at 18:05

(english) With huge pleasure I will add tags old_name=Postupin for Potsdam, Kamjenica for Chemnitz and Mišno for Meissen and many slavic names in east part of German territory.

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